Zum Hauptinhalt springen
DE EN

Dieser Inhalt ist in der gewünschten Sprache nicht verfügbar

Coming-out im Job: Warum Unternehmen LGBTIQ*-Menschen fördern sollten
Kultur

Coming-out im Job: Warum Unternehmen LGBTIQ*-Menschen fördern sollten

Am internationalen Coming Out Day sprechen wir über das Coming-out von LGBTIQ*-Menschen und ihr Potenzial für Unternehmen

08.10.2021 Autor Francesco Di Bari Lesedauer: 3 Minuten
In Deutschland scheint sich die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber LGBTIQ*-Menschen in den vergangenen Jahrzehnten verbessert zu haben. Doch was hat das mit dem Arbeitsplatz zu tun? Stephan Voss, Multimedia-Produktberater bei OTTO, hat sich im Job geoutet und erzählt über seine Erfahrungen. Dazu erzählt Oliver Köhler, Kernteammitglied des queeren Netzwerks MORE* der Otto Group, wann Netzwerke Hilfe leisten.

Der Coming Out Day wurde am 11. Oktober 1988 ins Leben gerufen. Die ursprüngliche Idee: das Bewusstsein für Lebensformen außerhalb der heterosexuellen Norm zu schaffen. Seither wird das Coming-out als selbstbestimmte Aktion verstanden, die vom fremdgesteuerten öffentlich machen der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität durch eine andere Person abzugrenzen ist. Der CoD ist heute ein Aktionstag, an dem jenen Mut gemacht werden soll, die sich noch im Coming-out-Prozess befinden.

Stephan Voss, Multimedia-Produktberater bei OTTO Wenn ich mal mein Schwulsein erwähnt habe, kamen oft Kommentare in Richtung, warum die eigene Sexualität so zur Schau gestellt werden müsste

Stephan Voss, Multimedia-Produktberater bei OTTO

Denn die Zahlen sprechen für sich: Laut einer international ausgerichteten Studie der Boston Consulting Group, legen nur 37 Prozent der deutschen LGBTIQ*-Arbeitenden gegenüber Arbeitskolleg*innen ihre sexuelle Orientierung offen. Die Studie stellt ein paradoxes Verhältnis fest: Während sich vier von fünf Menschen der LGBTIQ*-Community mit ihrer sexuellen Identität im Arbeitsumfeld wohlfühlen, sind lediglich 50 Prozent geoutet – Bedenken dabei gibt es trotzdem. „Seit meinem Coming-out bei OTTO, erlebte ich bisher nur Zuspruch und Solidarität. Vorher habe ich als Programmierer gearbeitet, da habe ich negativere Erfahrungen gemacht. Homophobe Witze, die natürlich angeblich nie ernst gemeint waren. Wenn ich mal mein Schwulsein erwähnt habe, kamen oft Kommentare in Richtung, warum die eigene Sexualität so zur Schau gestellt werden müsste. Natürlich wäre niemand auf die Idee gekommen, ich würde meine Heterosexualität zur Schau stellen, wenn ich von meiner Freundin geredet hätte“, erzählt Stephan Voss, Multimedia-Produktberater bei OTTO.

Es gibt nicht das eine Coming-out

Stephan hat im Laufe der Zeit erkannt, ein Coming-out muss er niemanden gegenüber rechtfertigen. Er macht sich deshalb kaum noch Gedanken darüber. „In meiner Abteilung habe ich schnell von meinem Partner gesprochen, da war das Thema klar. Aber dann kommt man in Kontakt mit viel mehr Kolleg*innen im Laufe der Zeit. Es gibt also nicht das eine Coming-out am Arbeitsplatz für mich. Das Thema kommt immer wieder in neuen Konstellationen auf, und jedes Mal stellt sich die Frage neu, ob ein Coming-out angebracht, notwendig und für mich wichtig ist. Das habe ich zum großen Teil abgelegt, versuche mir darüber gar keine Gedanken mehr zu machen. Ich rede über meinen Partner oder meinen queeren Sportverein, so wie ich es auch gegenüber Freund*innen machen würde.“

Oliver Köhler, Kernteammitglied des queeren Netzwerks der Otto Group Wir beraten Fachbereiche, Führungskräfte und Kolleg*innen bei queeren Fragestellungen und stehen allen Mitarbeitenden der Otto Group unterstützend mit Rat und Tat zur Seite

Oliver Köhler, Kernteammitglied des queeren Netzwerks der Otto Group

LGBTIQ*-Menschen meistens höher qualifiziert

Dass es auf der anderen Seite trotzdem zu Irritationen kommen kann, dessen sei er sich stets bewusst. Eine gemeinsame Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Universität Bielefeld ergab, dass rund 30 Prozent lesbischer, schwuler und bisexueller Menschen im Arbeitsleben schon mal Diskriminierung auf Grund ihrer sexuellen Identität erleben mussten, bei transgeschlechtlichen Menschen sind es sogar mehr als 40 Prozent. Die Angst vor solchen Erlebnissen oder die Vermeidung dieser, sind mögliche Gründe dafür, dass sich Personen im oberen Management nicht outen oder LGBTIQ*-Menschen seit Jahrzehnten bestimmte Branchen meiden, wo ein Coming-out schwieriger sein könnte. Dabei belegt die Studie: LGBTIQ*-Menschen stellen eine überdurchschnittlich hoch qualifizierte Gruppe auf dem Arbeitsmarkt dar und sind höher gebildet sowie qualifizierter als heterosexuelle.

Mitarbeitenden helfen sich gegenseitig

Bei der Auswahl einer potenziellen Arbeitsstelle gehört ein LGBTIQ*-freundliches Umfeld für Menschen der Community zu einem der wichtigsten Kriterien. Daher ist es für Unternehmen heute sehr relevant, sich für die Gleichstellung von queeren Menschen klar zu positionieren und gezielte Maßnahmen gegen die Diskriminierung am Arbeitsplatz zu formulieren und durchsetzen. Die Etablierung von LGBTIQ*-Netzwerken wie MORE*, ist ein Schritt in diese Richtung. „Wir als MORE* sind Ansprechpartner*in für alle Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen in der Otto Group, deren queere Vielfalt privat und beruflich ein Anliegen ist. Wir beraten Fachbereiche, Führungskräfte und Kolleg*innen bei queeren Fragestellungen und stehen allen Mitarbeitenden der Otto Group unterstützend mit Rat und Tat zur Seite. Das auch anonym, etwa bei Diskriminierung am Arbeitsplatz“, berichtet Oliver Köhler, Kernteammitglied des queeren Netzwerks der Otto Group. Netzwerke wie MORE* führen dazu, LGBTIQ*-Menschen untereinander zu vernetzen, den Dialog zur Vielfalt aller Mitarbeiter*innen zu fördern und die Sichtbarkeit sowie Akzeptanz von LGBTIQ* innerhalb und außerhalb des eigenen Unternehmens zu stärken. Dazu gehört für Oliver vor allem die Etablierung des MORE* Supports. „Wir werden uns noch in diesem Monat mit der Beratung des Gesundheitsmanagement von OTTO zusammensetzen, um wichtige Hinweise und Tipps zum weiteren Ausbau unserer Beratungstätigkeit zu bekommen. Damit hoffen wir diesen für uns sehr wichtigen Aspekt in unserer Netzwerkarbeit noch weiter professionalisieren zu können“.

Tags in diesem Artikel: