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Nachhaltigkeit im Interiorbereich. Geht das überhaupt?
Kultur

Nachhaltigkeit im Interiorbereich. Geht das überhaupt?

29.01.2019 Autorin Viktoria Rüpke Lesedauer: 4 Minuten
Trends sind in der Möbelwelt der Treibstoff für individuelle Wohnideen. Innovationen und Inspirationen sind wichtig, um sich von der Masse abzuheben und seinen persönlichen Geschmack in den eigenen vier Wänden zu präsentieren. Industrial Design und Minimalismus sind gerade up to date – oder schon nicht mehr? Es werden also Sofas, Tische und Accessoires auf den Müll geworfen, um unbedingt einzigartig zu bleiben. Doch handeln wirklich alle erfolgreichen Interior-Ikonen in Zeiten der Ressourcenknappheit so verschwenderisch?

Wir haben mit Jules Villbrandt gesprochen, die auf Instagram und ihrem Onlinemagazin Herz&Blut immer wieder Einblicke in die Themen Interior und nachhaltiges Design gibt.


Wie würdest du deine Auffassung von Wohnen beschreiben?

Am liebsten wäre ich eine Minimalistin, doch wer mich kennt, der weiß, dass es nahezu unmöglich ist. Ich liebe einfach das Sammeln und auch Zeigen schöner Dinge und toller Objekte. Wohnen sollte praktisch sein, aber auch einladend und gemütlich zugleich. Zu Hause ist der Ort, wo ich wirklich entspannen kann, wo meine Familie ist. Wohnen ist daher für mich etwas sehr Privates und Schönes.

Sind Nachhaltigkeit und Interior miteinander vereinbar?

Natürlich sind Nachhaltigkeit und Interior miteinander vereinbar. Es ist sicherlich auch eine Definitionsfrage, wie weit man den Nachhaltigkeitsbegriff ausdehnen will und kann. Allein, dass man bei mir auch noch einige Möbelstücke aus den 60ern findet, die ich von meinen Großeltern habe, zeigt, dass Nachhaltigkeit im Interiorkontext zu sehen ist. Um ehrlich zu sein, habe ich mich noch nicht vertiefend bislang beim Kauf neuer Möbelstücke sehr stark mit dem Thema Nachhaltigkeit, sprich, wo und wie werden Möbel hergestellt und wo kommt das Holz her usw., befasst. Mit den Jahren setze ich allerdings zunehmend auf hochwertige Möbelstücke. Zwar sind diese in der Anschaffung hochpreisiger, aber die Qualität spricht für sich.

Natürlich sind Nachhaltigkeit und Interior miteinander vereinbar. Es ist sicherlich auch eine Definitionsfrage, wie weit man den Nachhaltigkeitsbegriff ausdehnen will und kann.

Jules Villbrandt

Wie gehst du mit dem Trend um, immer wieder dein Interior erneuern zu müssen?

Um ehrlich zu sein, sehe ich diesen Trend nicht. Interior ist nicht mit der Schnelllebigkeit von Fashion zu vergleichen und auch im Fashionbereich sind deutliche Wandlungen zu erkennen. Natürlich gibt es immer Trends, die ich beobachte, aber allerdings muss das noch lange nicht heißen, dass alles immer erneuert werden muss. Wie gesagt, setze ich auch zunehmend auf qualitativ hochwertige Möbel. Dafür müsste ich im Lotto gewinnen, um alles stetig zu erneuern. Aber kleine Akzente wie der Wechsel von dekorativen Elementen wie Fotos, Bilder oder auch eine Wandfarbe kann viel ausmachen.

Worauf legst du beim Einrichten besonderen Wert?

Mir ist es wichtig einen Raum zu schaffen, der einlädt zum Leben und zum Verweilen und wo man etwas immer wieder entdecken kann. Wohnraum ist für mich kein Museum oder eine leere Wartehalle. Es sind die kleinen Sammelsurien, Bildbände und Pflanzen, die mir beim Einrichten wichtig sind. Auch ein Key-Piece wie ein besonderer Stuhl oder eine ausgefallene Lampe sollte nicht fehlen.

Und welche Rolle spielt Nachhaltigkeit dabei für dich persönlich?

Die Zeiten des endlosen Konsums in Billigketten sind für mich schon längst vorbei, Gleiches gilt auch im Bereich Interior. Ich finde es wunderbar, dass es so leicht ist Möbel, die man nicht mehr haben will einfach im Internet zum Verkauf anzubieten. Auch das Abgeben von Möbeln an Vereine, die diese an andere Menschen weitergeben, finde ich großartig. Im Bereich nachhaltiger Holzbau und das Verwerten von Materialien wie Leder oder wo welcher Bezugsstoff hergestellt wird, sehe ich Nachholbedarf seitens des Informationsflows auf beiden Seiten.

Gibt es Materialien, die du grundsätzlich bevorzugst oder sogar meidest?

Ich finde grundsätzlich alle Materialien erst einmal spannend. Das Thema veganes Interior ploppte im Rahmen der imm cologne auf, was in jedem Fall seine Berechtigung haben wird, mich allerdings nicht so stark wie andere berührt, da ich nicht vegan lebe. Mir gefallen insbesondere natürliche Materialien wie Leinen, Keramik und Echtholz.

Herz&Blut (c)

Welchen Stellenwert haben Nachhaltigkeitssiegel für dich beim Möbelkauf?

Ich finde es toll, dass es solche Siegel gibt. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich in dem Bereich mich noch nicht gut auskenne, was für mich eindeutig zeigt, dass hier viel mehr Sichtbarkeit geschaffen werden muss, vielleicht können wir auf Herz&But auch dazu beitragen.

Nathan Williams spricht in seinen einführenden Worten des bekannten Interior-Buches "The Kinfolk Home" davon, dass ein Zuhause nicht bloß eine materielle Konstruktion, sondern auch ein Konstrukt aus unseren Überzeugungen ist. Würdest du diese Aussage in Bezug auf nachhaltiges Wohnen bestätigen?

Früher hieß es immer, zeig mir deinen Kleiderschrank und ich sage dir, wer du bist. Heute lässt sich ganz salopp gesagt, dieser Spruch auf Instagram kopieren. Williams Aussage erscheint mir fast ein bisschen frech, jeder sollte nach seiner Façon leben dürfen, ich würde und will hier keinen verurteilen. Nachhaltiges Wohnen ergibt sich oft auch von allein, sobald zum Beispiel der Weg zum nächsten Second-Möbelshop führt. Natürlich ist es auch eine Frage des Budgets, ob jemand auf erneuerbare Energien und Öko-Strom und ausschließlich zertifizierte Möbel mit Nachhaltigkeitssiegel setzen kann. Alles beginnt im Kleinen. Wenn wir alle etwas dazu beisteuern bewusster zu leben, ist viel getan.

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