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Ja zu Sabbatical und Elternzeit: „Aber was ist mit meinem Team?"
Kultur

Ja zu Sabbatical und Elternzeit: „Aber was ist mit meinem Team?"

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird für Arbeitnehmer*innen immer wichtiger. Zwei Väter und zwei Expertinnen klären über Herausforderungen auf

01.07.2019 Autorin Linda Gondorf
Immer mehr Berufstätige und immer mehr Arbeitgeber*innen harmonieren das Berufs- mit dem Privat- und Familienleben. Wenn es um Elternzeit-Anträge geht, wird immer noch der klassische Weg eingeschlagen: Erst einmal mit dem/der Chef*in sprechen. Wie kann eine alternative Lösung aussehen und was kommt auf das Team zu?

12 Mitarbeiter*innen, davon acht Teilzeitkräfte, vier Mütter, vier Väter, ein Team. Heute bestehen die meisten Abteilungen in Unternehmen aus bunt zusammengewürfelten Arbeitszeitmodellen (wir berichteten in den vergangenen Monaten über viele unterschiedliche Modelle). Manch einer hat schon Sabbatical genommen, kurze Zeit Teilzeit gearbeitet und ist nun wieder auf einer 100-Prozent-Stelle. Durch flexible Arbeitszeiten ist immer einer nicht im Büro. All diese Flexibilität macht etwas mit Unternehmen. So auch die Elternzeit. 2018 bezogen 1,4 Millionen Mütter und 433000 Väter Elterngeld. Dabei stieg die Zahl der Väter um 7 Prozent, so das Statistische Bundesamt. Lob dafür gibt es aus der Politik: Familienministerin Franziska Giffey begrüßt im „Väterreport“ das neue Selbstverständnis von Männern, aktiv Elternzeit, auch länger als drei Monate, zu beantragen. Auch beim Thema Sabbatical sind Unternehmen offener geworden. Seit 2015 steigt bei OTTO die Zahl der Anträge.
Doch Veränderungen bringen auch Anspannung in Teams. „Eine Elternzeit, vor allem eine die kürzer dauert als ein Jahr, kann für Konflikte in Teams sorgen", so erklärt es Ulrike Weber. Sie ist Professorin für Human Resource und Organisation bei der International School of Management (ISM) in Hamburg. Arbeitgeber*innen stehen oft vor der Herausforderung, dass es deutlich schwieriger ist für ein paar Monate Ersatzkräfte zu finden. Also ist das Team gefragt, übernimmt Aufgaben der abwesenden Kolleg*innen und fängt Tätigkeiten ab.

Was bedeutet Elternzeit für das Team?

Kirsten Frohnert ist Projektleiterin des Unternehmensnetzwerks „Erfolgsfaktor Familie“. Auch OTTO ist hier Mitglied. Dieses Netzwerk bündelt Informationen rund um das Thema Familienfreundlichkeit in Unternehmen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für Kirsten Frohnert ein personal strategisches Handlungsfeld, wenn man als Arbeitgeber*in auch in Zukunft Fachkräfte finden und binden möchte. „Elternzeit ist ein spannendes Thema, das die Arbeitswelt zukünftig mehr und mehr beschäftigen wird. Weil nicht nur Mütter, sondern auch Väter Elternzeit nehmen, steigt die Zahl der Unternehmen, die dafür Lösungen finden müssen. Die Gestaltung der Elternzeit erfordert Aushandlungskompetenzen zwischen Arbeitgeber*innen und Beschäftigten sowie innerhalb der Teams als auch Lösungen für ein gutes Vertretungsmanagement. Denn alle Lösungen müssen vom Team mitgetragen werden“, so Frohnert.

Wie kann man solch ein Thema also angehen um die Arbeit der Kurzzeitmütter und -väter während ihrer Babypause ohne Konflikte aufzuteilen? Martin Frommhold, Bereichsleiter Unternehmenskommunikation bei OTTO, wünscht sich bei diesem Thema mehr Offenheit und Miteinander in der Diskussion um berufliche Auszeiten.

Eine rechtzeitige offene Kommunikation ist bei Aushandlungsprozessen das A und O: „Zum Glück kommen Elternzeiten selten unerwartet und lassen sich dadurch weitestgehend planen. Die Person, die Elternzeit nehmen möchte, sollte sich vor Beginn der Elternzeit mit den Vorgesetzen gut abstimmen. Aufgabenpakete und Verantwortlichkeiten sollten aufgelistet und im Team besprochen und verteilt werden“, sagt auch Frohnert. Und Vertretungen einsetzen? Nicht immer lohnt sich eine Einarbeitung, wenn es sich zum Beispiel um sechs Monate Elternzeit handelt. „In unserem Unternehmensnetzwerk gibt es beispielsweise Betriebe, die Springer einsetzen– auch über mehrere Unternehmen hinweg. So werden für alle Beteiligten Planungssicherheit und Perspektiven geschaffen“, erklärt Frohnert.

Karriereknick?

Von Vorteil ist, wenn das Team eine Elternzeit nicht generell als Störung im Ablauf erkennt. Es geht um eine positive Einstellung zum Thema, vor allem, damit Kolleg*innen nicht mit Schrecken auf die Mehrbelastung blicken und somit den werdenden Eltern ein schlechtes Gefühl vermitteln. Denn auch der werdende Vater oder die Mutter wissen oft nicht, ob die familiäre Auszeit nicht einen beruflichen Karriereknick bedeutet. Nick Marten, Pressesprecher bei OTTO nimmt sieben Monate Elternzeit. Das ist heutzutage noch eine Ausnahme.

Den Teamgedanken im Blick halten

Ist man auf diese besondere Zeit im Leben von Eltern gut vorbereitet, kommuniziert offen seine Bedürfnisse und seinen Wiedereinstieg, ist ein Karriereknick unwahrscheinlich. „Es ist absolut wichtig einen systemischen Ansatz zu fahren und das Team ins Boot zu holen und Fragen zu klären: Wie ist die Bereitschaft zusätzliche Aufgaben zu übernehmen? Und wo liegt für manche die Schmerzgrenze? Es kommt auch auf die Teamkonstellation an. Wenn es viele Eltern im Team gibt mit eingeschränktem Zeitbudget, oder Jung-Dynamiker, die hauptsächlich an der eigenen Karriere interessiert sind, dann hat man ein weiteres Problem, nämlich das der Zeit“, weiß Ulrike Weber. Weil eigenverantwortliches Arbeiten heute in vielen Unternehmen großgeschrieben wird, können Teams die Vertretungsaufgaben eigenverantwortlich aufteilen. Für Frohnert ist die Verantwortung der Führungskraft trotzdem wichtig, „denn sie trägt die Verantwortung und sollte die Elternzeiten mit dem Team ‚managen‘. Denn nur eine gemeinsame Abstimmung lässt alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Dennoch schadet es bestimmt nicht, wenn Mitarbeiter*innen schon konkrete Vorschläge machen und auch im Team besprechen bzw. vorbereiten.“

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