OTTO und die Mehrwertsteuer: „Wir setzen auf Preissenkungen und signifikante Rabatte“
Auf otto.de wird es deutlich höhere und stärker aktionistisch denn statisch geplante Preisnachlässe geben. Wie genau, erklärt Marc Opelt im Interview
Moin Marc, gibt OTTO die Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 Prozent an seine Kund*innen weiter?
MARC OPELT: Wir setzen den gewünschten Impuls, nämlich den Konsum anzukurbeln, konsequent um. Erstens durch die komplette Reduzierung von mehr als einem Drittel unseres 3,5 Mio. Artikel umfassenden Sortiments um drei Prozent Mehrwertsteueranteil. Zweitens durch massive Rabattierungen ganzer Produktfamilien insbesondere in den klassisch bei OTTO stark nachgefragten Bereichen wie Einrichtung und Mode. Wir starten mit einem Paukenschlag: Vom 1. bis zum 6. Juli bieten wir volle 16 Prozent Nachlass auf alle Modeartikel. Ähnliche Maßnahmen folgen dauerhaft in den kommenden sechs Monaten.
Warum senkt OTTO nicht einfach die Preise für alle Einzelartikel, um die von der Bundesregierung kommunizierten 3 Prozent?
Bei hochpreisigen Produkten wie Möbeln oder Autos kann ein um drei Prozent verringerter Steuersatz funktionieren und mehr Nachfrage generieren. Bei 2,50 Euro Ersparnis für eine eigentlich 99 EUR teure Jeans ist der beabsichtigte Effekt aber nicht mehr gegeben. Nach unserer Erfahrung braucht es da deutlich höhere und stärker aktionistisch denn statisch geplante Preisnachlässe, um zum Kauf zu animieren. Daher setzen wir auf temporäre, aber dafür signifikante Rabattierungen im zweistelligen Prozentbereich für einzelne Produktgruppen.
Vom 1. bis zum 6. Juli bieten wir volle 16 Prozent Nachlass auf alle Modeartikel. Ähnliche Maßnahmen folgen dauerhaft in den kommenden sechs Monaten
Das heißt, dass Kund*innen bei OTTO nicht überall um drei Prozent reduzierte Preise vorfinden?
Richtig. Der 28 Zoll Fahrradschlauch im Zweierpack wird auch weiterhin 19,99 EUR kosten, der rabattierte Wohnzimmersessel dafür statt 350,- EUR nur noch knapp 295,- EUR. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass wir bereits während der Corona-Hochphase massive Preissenkungen für Waren aus dem Einrichtungs- oder Techniksegment vorgenommen haben. Und viele dieser teils seit Monaten laufenden Vertriebsmaßnahmen setzen wir jetzt fort bzw. ergänzen diese noch.
Warum hat OTTO in der Boomphase für den Online-Handel denn überhaupt Preise reduziert?
Aufgrund der Ladenschließungen im stationären Handel waren wir plötzlich ein Grundversorger für dringend benötigte Produkte. Es wäre nicht fair gewesen, in einer solchen Phase und der damit noch mal gewachsenen gesellschaftlichen Verantwortung nur auf die Gewinnmaximierung zu schauen. Vielmehr haben wir also dafür gesorgt, dass unter www.otto.de alle nachgefragten Produkte für jede*n erschwinglich waren. Insofern setzen wir den Wunsch der Bundesregierung, die Wirtschaft nach Corona anzukurbeln und Verbrauchern faire Preise anzubieten, schon seit längerer Zeit um und investieren inklusive der erläuterten Maßnahmen rund um die Mehrwertsteuersenkung bis zum Jahresende rund 65 Mio. EUR durch kaufstimulierende Initiativen respektive Ertragseinbußen.
Glaubst Du, dass sich die Mehrwertsteuersenkung positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung im Handel auswirkt?
Ich denke, dass die Maßnahmen der Bundesregierung dazu beitragen, die gesellschaftliche Stimmung aufzuhellen und das Konsumklima positiv zu beeinflussen. Aber die Preise im Handel sind traditionell volatil und verändern sich oft sogar täglich. Insofern wird sich die Mehrwertsteuersenkung insbesondere in niedrigpreisigen Sortimenten oder auch bei Modeartikeln kaum bemerkbar machen. Daher verspreche ich mir deutlich nachhaltigere Impulse für den Handel durch Rabattaktionen, die ja bereits seit vielen Wochen von den meisten Unternehmen angeboten werden. 10, 15 oder gar 25 Prozent Preisnachlass sind nun mal für den*die Kund*in attraktiver als eine Mehrwertsteuersenkung um drei Prozent . Und so gehen wir das bei OTTO auch an.