And the winner is … MüWü ist CIO des Jahres
Über OTTOs Technologie-Vorstand Dr. Michael Müller-Wünsch
Die Entscheidung: Sport oder Technologie?
Eigentlich wollte er Sportmediziner werden, erzählt MüWü. Denn Sport war und ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil seines Lebens: von Fußball auf nationaler Ebene über Tennis im Leistungskader bis hin zu Golf als Ausgleich zum Berufsalltag. Doch vor rund 40 Jahren war die Gesundheitsindustrie im Aufbruch und die Aussicht auf eine Festanstellung im sportmedizinischen Bereich eher schlecht. „Als ich damals bei der Berufsberatung saß und gefragt wurde, was ich neben dem Sport noch gerne mache, war die Antwort klar: IT“. Und so kommt es, dass MüWü als junger Mann seiner zweiten Leidenschaft folgt und 1980 das Informatikstudium in Berlin beginnt – gerade dann, als der allererste PC auf dem Markt erscheint. „Ein Gamer war ich allerdings nie. Das nächtliche Programmieren hat mich weniger gereizt“, schmunzelt MüWü. Während seine Kommiliton*innen also nachts an den Konsolen hängen, geht MüWü seiner Sportleidenschaft auch während des IT-Studiums nach. „Meine Entscheidung bereue ich nicht, auch wenn ich gerade das Feld der digitalisierten Sportmedizin spannend finde“. Und interessiert ist er auch in anderen Bereichen: So studiert der aus Berlin stammende ITler zwischendurch für ein Semester Jura, bis es ihn zurückzieht zur Kerninformatik. „Da bin ich letztlich hängen geblieben und das hat auch mein ganzes weiteres Leben geprägt.“
Der Schritt in die Forschung
„Die Lage auf dem IT-Arbeitsmarkt in den 80er-Jahren kann man sich ähnlich zu heute vorstellen: Techies wurden mit Kusshand genommen. Nicht selten haben Kommiliton*innen das Studium aufgrund von Jobangeboten abgebrochen“, erinnert sich MüWü. Er selbst jobbt während des Studiums auch immer wieder im IT-Sektor. Was ihn damals allerdings weitaus mehr reizt, sind innovative und forschungsorientierte Themen. Stichwort: Künstliche Intelligenz. Und so startet MüWü 1982 seine Forschung im Feld der KI und studiert nebenbei Betriebswirtschaftslehre. Im Rahmen seiner Doktorarbeit verbindet er dann BWL und Künstliche Intelligenz: Elf Jahre forscht er rund um die Frage, wie mithilfe Künstlicher Intelligenz Unternehmensstrategien entwickelt werden können. Und das erfolgreich, denn die gemeinsam mit Experten- und Forscherteams entwickelten Modelle werden später in die Praxis übertragen. „Und dann wäre ich fast Professor geworden“, ergänzt MüWü abschließend und verrät, dass er letztlich doch durch ein Jobangebot in die Wirtschaft abgebogen ist.
Probiert Dinge aus, die euch interessieren. Lieber etwas ausprobieren, Erfahrung sammeln und dann merken, dass es das nicht ist, als später eine verpasste Chance zu bereuen.
Über nicht verpasste Chancen
Der Weg in die Wirtschaft brachte den heutigen dreifachen Familienvater von Herlitz, zu myToys und TNT – immer im Fokus die IT. Doch ganz kann MüWü seine Leidenschaft für die Forschung nicht beiseitelegen. Nebenher lehrt er als Hochschuldozent, bis er eines Tages doch zum Professor wird. „Die Idee des ‚Profs-Seins‘ hat mich über viele Jahre nicht losgelassen und so habe ich es 2010 gewagt – nur um zu merken, dass es nichts für mich ist“, lacht MüWü. Nach zwei Jahren zieht es ihn also zurück in die Industrie. „Das Gute an der Geschichte ist: Ich schaue heute keiner verpassten Chance hinterher“. Und das ist auch sein Appell an andere: „Probiert Dinge aus, die euch interessieren. Lieber etwas ausprobieren, Erfahrung sammeln und dann merken, dass es das nicht ist, als später eine verpasste Chance zu bereuen.“
Ich sehe diesen Preis eher als einen Team-Award an, denn er steht für die herausragende Arbeit der letzten Jahre.
Von Köln nach Hamburg
Zurück in der Industrie geht es für MüWü nach einem Stopp in Köln als IT-Vorstand bei Lekkerland 2015 zu OTTO, wo die Stelle des CIO im Vorstand für ihn neu erschaffen wurde. „Die Aussicht, ein Traditionsunternehmen zu transformieren, hat mich gereizt. Ich habe das Potenzial gesehen und daran geglaubt, dass ich hier etwas verändern kann“, sagt MüWü. Das fing gleich mit einem Changeprozess in der IT an: Während der Tech-Bereich früher eher als Dienstleister oder Lieferant angesehen wurde, hat MüWü dafür gesorgt, dass Business und IT zusammen gedacht und erlebt werden. „Du spürst heute den Spirit von OTTO-Tech. Wie wir als Unternehmen Dinge neu und anders angehen“. Dieser Spirit spielt auch im Wettbewerb um IT-Fachkräfte eine große Rolle: „Es muss für Menschen interessant sein, für OTTOs IT zu arbeiten, das gesamte Paket muss stimmen. Und das funktioniert heute deutlich einfacher als noch vor sieben Jahren”, erklärt MüWü.
Die Mission: Digitale Bildung für alle – von klein auf
Wer durch MüWüs LinkedIn-Kanal scrollt, entdeckt schnell zwei Herzensthemen: Digitale Bildung von klein auf und Women in Tech. Im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements setzt er sich dafür ein, dass Informatik zum Schulfach werden soll. Warum? „Es macht mich fassungslos, dass es in Deutschland nach rund 40 Jahren IT so ein Unwissenheitszustand in den Themen Digitalisierung und IT herrscht. Die Digital Literacy ist in unserem Land rückständig, doch wenn wir gesellschaftliche Herausforderungen meistern wollen, braucht es technologische Unterstützung – davor haben viele noch Angst.“ MüWü möchte Menschen einen anderen Zugang zu Technologie vermitteln, ein Verständnis und eine Verständlichkeit erzeugen. Für den 61-Jährigen bedeutet das allerdings mehr, als nur ein Smartphone zu bedienen: „Es geht darum, die eigenen Daten und deren Wert zu kennen und zu organisieren. Zu wissen, was Cyber Security bedeutet“. Einen ähnlichen Rückstand sieht er beim Thema Frauen in der IT: „Hier muss viel früher damit begonnen werden, IT und Tech cool und interessant zu machen. Falsche Rollenbilder und Stereotype wie ‚Mathe ist nichts für Mädchen‘ gehören der Vergangenheit an. Andere Länder haben das schon längst verstanden. Nur wir in Deutschland erschließen uns an vielen Stellen nicht das riesige Potenzial.“ Das versucht er aus seiner Rolle bei OTTO und durch seine Ehrenämter nach außen hin zu ändern: „Meine Ehrenämter sind mir wichtig, denn sie bieten einen Beitrag zur Verbesserung der digitalen Kompetenz in der Gesellschaft. Damit möchte ich die Unwissenheit, die ich in der Gesellschaft beobachte, auflösen.“
Und sein Engagement wird belohnt: So ist OTTOs IT-Vorstand heute mit dem wohl renommiertesten Preis der IT-Branche ausgezeichnet worden und darf sich CIO des Jahres nennen. „Ich sehe diesen Preis eher als einen Team-Award an, denn er steht für die herausragende Arbeit der letzten Jahre. Wenn man bedenkt, wie viele Tausende IT-Organisationen es da draußen gibt, ist dieser Preis doch etwas ganz Besonderes – ich bin irre stolz auf alle, die hier mitwirken.“